Der Blick

Luca Secker (Praktikantin)

03.08.2021

 

Große Augen. Das ist das erste was mir während meiner Zeit am WSC auffällt. Ich meine nicht den forschenden, durchdringenden Blick der Wölfe, sondern die großen Augen der Parkbesucher, wenn sie das erste Mal hoch zu den Wölfen kommen. Das kleine Mädchen, was ihr Großmutter am Arm mitzieht, als sie Taima vorbeihuschen sieht. Und siehe da, die Großmutter hat eben so große Augen. Es ist eine Faszination, die beide mitreißt.

Vor allem wenn etwas passiert, wie z.B. die Fütterung mit einem ganzen Huhn, sieht man wie die Besucher stehen bleiben und einfach zugucken, jede Bewegung beobachten und versuchen dem Moment eine Lehre zu entziehen. Ähnlich wie ich mit meiner Studienkollegin am Wegesrand stehe, und versuche durch das genaue Beobachten diese Tiere, die uns so nah und doch so fern erscheinen, besser zu verstehen. Nah, weil sie direkt vor uns sind und in so vielen Facetten des Menschens besten Freund gleichen (im Sommerfell so sehr, dass viele Besucher sich verwundert fragen, ob sie gerade einen Wolf oder einen Hund sehen). Und so fern, weil wir in Europa ohne den Wolf aufwachsen und unser Wissen meist aus schaurigen Märchen stammt.

Genau deswegen sind Orte wie das WSC so wichtig. Neben den gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die oft zeigen, wie ähnlich Wolf und Hund sich doch noch sind, ist das WSC ein Begegnungsort. Ein Ort wo Menschen mit unterschiedlichem Wissensstand -von Forschenden, über Stammgäste, hin zu Menschen die das erste Mal einen Wolf sehen- einem Tier auf Augenhöhe begegnen können. Ich habe noch keinen gesehen, der nicht mindestens einen Moment verweilt, wenn ein Wolf auf dem Dach der Hütte stehend die Besucher sondiert. Es sind diese kurzen Momente, wenn sich die Blicke von beiden Seiten des Zauns treffen, die Besucher mit faszinierten Augen, etwas langsamer gehend weiterziehen lassen. Es sind kurze symbolische Augenblicke für mich. Denn sie geben mir Hoffnung, dass diese Menschen dem Wolf bei seiner Rückkehr nach Europa auf Augenhöhe begegnen werden.